KiWi Unternehmensdialog zur #diwokiel20: Krisenstab vs. Team Zukunft - Ihr Unternehmen auf Zukunftskurs

Krisenstäbe haben Hochkonjunktur in Unternehmen. Ihre Aufgabe ist es allerdings nur, die Symptome zu bekämpfen – nicht die Ursachen. Lohnt es sich, dass Team Krisenstab zu verlassen und in das Team Zukunft zu investieren? Ist dies sogar der einzige Weg, um Unternehmen sicher durch die Krise zu führen? Team Zukunft setzt auf neue Netzwerke und Geschäftsmodelle, neue Technologien, Innovationen und eine veränderte Unternehmenskultur.

Im Rahmen der #diwokiel20 diskutieren wir mit Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel, Michael Pachmajer, Gründer, Autor, und Berater für Digitalisierung in Unternehmen von d.quarks aus Frankfurt, Prof. Dr. Jutta Rump, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Internationales Personalmanagement in Ludwigshafen, Prof. Dr. Mojib Latif, Leiter der Forschungseinheit Maritime Meteorologie am Geomar Kiel und Werner Kässens, Geschäftsführer der Kieler Wirtschaftsförderung.

Die beruflichen und persönlichen Erfahrungen der letzten Krisenmonate sind bei allen Beteiligten, wenn auch in unterschiedlichen Phasen, vom Innehalten und Umdenken gekennzeichnet. Von außen herbeigeführte, veränderte Rahmenbedingungen der Arbeitsweisen, der zu bearbeitenden Themen und eine neu zu lebende Kommunikation innerhalb der Teams haben ein Fenster der Veränderung geöffnet.

Oberbürgermeister Dr. Kämpfer sieht für eine zukunftsfähige Stadtgesellschaft im Ganzen zwei dringende Aufgabenbereiche: Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie Daseinsvorsorge und Resilienz. Ersteres reicht von Stadtpolitik über Elektromobilität bei Fähren und Bussen und der Diskussion der Landstromversorgung von Kreuzfahrtschiffen. Die Daseinsvorsorge sei die Kernaufgabe von Kommunen, so Kämpfer und das über viele Jahre hinweg anhaltende Paradigma der Privatisierung und eine Deregulierung der öffentlichen Strukturen hat das System weniger resilient gegenüber Krisen gemacht. Michael Pachmajer ergänzt, dass der Begriff „erfolgreiches Wirtschaften“ neu definiert werden sollte. Nachhaltiges Wirtschaften benötigt einen höheren Stellenwert. Im engen Zusammenhang damit steht auch das Umdenken der Verbraucher*innen, die die Nachhaltigkeit für notwendig erachten müssen, um gegebenenfalls auch höhere Preise zu zahlen. Generell hält Pachmajer die Unternehmen für zukunftsfähig, die mehrere Geschäftszweige unterhalten, breiter aufgestellt und damit krisenfester sind.  

Prof. Dr. Latif weist darauf hin, dass gerade auch im Hinblick auf die weltweiten Klimaveränderungen bei vielen Unternehmen noch ein großes Potential an Energieeinsparungen und Effizienzerhöhung vorhanden ist. Er sieht Schleswig-Holstein und damit auch Kiel mit einem großen Standortvorteil in Bezug auf erneuerbare Energien ausgestattet, betont aber auch, dass Diversität entscheidend ist.

Wie können Unternehmen bewegt werden ihre Strategien und Geschäftsmodelle neu zu denken und wirtschaftliche Zusammenhänge neu zu definieren? Zum einen verändern sich Systeme, wenn ihnen beispielsweise durch äußere Einflüsse keine Alternative mehr bleibt. Prof. Dr. Jutta Rump hält einen klar definierten und dabei richtungsweisenden Rahmen für die beste Option um Veränderungen zu „bewegen“. In Bezug auf die Arbeit einer Wirtschaftsförderung ergänzt Werner Kässens, dass Veränderungen in Unternehmen auch durch neue Ideen, mutige Köpfe und neue Erfahrungen einen Wandel auslösen können.
Er hält es für entscheidend, nachhaltige Ideen noch besser zu fördern, zu begleiten und sie vor allem auch durch Netzwerke und Kommunikation bekannter zu machen. Eine veränderte Meinungsbildung kann zum veränderten Handeln führen und perspektivisch auch zu einer nachhaltigen Lebensweise. Laut Kässens eignet sich eine Stadtgröße wie Kiel sie hat hervorragend, um eine Vorreiterrolle einzunehmen und zuallererst lokale Unternehmen zukunftsfähiger zu machen. Ein Oberbürgermeister mit Visionen, innovative Hochschulen und ein breit aufgestelltes Netzwerk bieten den Boden für einen entscheidenden Wandel.

Die Gründung der TransMarTech GmbH am Seefischmarkt ist laut Kässens ein richtiges Signal sowohl für Wirtschafts- als auch für Wissenschaftsakteure. Hier wird zukünftig ein Raum geschaffen, an dem Ideen und Themen mit großem Bezug zur maritimen Wirtschaft Kiels weitergedacht und umgesetzt werden können. Traditionelle Unternehmen aus dieser Branche können sich mit Startups vernetzen und gegenseitig befruchten, um zukunftsfähige Produkte zu entwickeln und den Strukturwandel von Tradition zu Innovation zu meistern.

Den angesprochenen Strukturwandel und ein Verlassen von Comfort-Zone und eingefahrenen Abläufen hält auch Prof. Dr. Jutta Rump für entscheidend, um Unternehmen in diesen Zeiten „enkelfähig“ zu machen. Einen funktionierenden Krisenstab zu haben ist wichtig, noch viel entscheidender ist es aber, auf der gleichen Hierarchie-Ebene die kollektive Intelligenz des Unternehmens zu nutzen. Demokratisierung und Partizipation wird bereits in vielen Unternehmen angestrebt, aber nicht vollständig gelebt. Dies bedeutet auch, dass das System zentralistischer Führung aufgeweicht werden muss.
Für Michael Pachmajer heißt das ganz konkret, dass sich  ein „Team Zukunft“ in einem immerwährende Zukunftsbildungsprozess befinden sollte, um Innovationen zu erkennen und voranzutreiben. 

Die „Machen“-Mentalität in Unternehmen voranzutreiben halten alle Diskussionsteilnehmer für überaus entscheidend für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Dabei spielt die Art der Krise – ob Klima- oder Corona – keine wesentliche Rolle. Für Prof. Dr. Rump ist es essenziell in Bewegung zu bleiben, ohne die Balance zu verlieren und aktiv voran zu gehen. Werner Kässens zeichnete zum Abschluss der Diskussion ein maritimes Bild mit dem gleichen Tenor: um bei Wellen, Wind und Nebel auf See sicher voranzukommen, braucht es eine gute technische Ausstattung und eine kompetente, motivierte Mannschaft – wenn auch Unternehmen dies beherzigen, bleiben sie selbst in schwierigen Zeiten auf Zukunftskurs.

Wir bedanken uns bei Dr. Ulf Kämpfer,  Michael Pachmajer, Prof. Dr. Jutta Rump, Prof. Dr. Mojib Latif und Werner Kässens für die Gedanken, Meinungen und Impulse zum Thema Krisenstab vs. Team Zukunft.

Die gesamte Veranstaltung noch einmal online erleben: https://digitalewochekiel.de/mediathek/