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Impulse, Diskurs und Vernetzung bei der 5. Konferenz Bahntechnik im Wissenschaftszentrum Kiel

14. Februar 2023 - Rund 100 Bahntechnik-Interessierte – Unternehmer*innen, Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen öffentlicher Institutionen waren am Donnerstag, den 2. Februar 2023, gekommen, um über die Zukunftsperspektiven der Bahntechnik in Schleswig-Holstein zu diskutieren.

Auftakt im Wissenschaftszentrum Kiel

Den Anfang machte Staatsminister Tobias von der Heide aus dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein. Er freue sich, die Konferenz Bahntechnik eröffnen zu dürfen – habe man doch publikumsseitig sicherlich „einen bärtigen Dänen erwartet“ – so leitete von der Heide sein Grußwort ein. Sowohl Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen als auch Kiels Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer waren erkrankt und konnten nicht an der Konferenz teilnehmen. Von der Heide betonte in seinem Grußwort die wichtige Rolle des Schienenverkehrs für die Verkehrswende und die Zukunft des ÖPNV und sicherte die Unterstützung des Landes zu, wenn es um die Modernisierung der Bahn geht und um die Anpassung staatlicher Regulierungen und rechtlicher Rahmenbedingungen.

Die 5. Konferenz Bahntechnik – das sei auf jeden Fall eine Tradition, stellte KiWi-Geschäftsführer Werner Kässens in seinem Grußwort fest. Und das an genau dem richtigen Ort: Dem Wissenschaftszentrum Kiel, das für Zukunftsthemen und Innovation steht und für die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft. Er begrüße die „historische Entscheidung“ für die neue Kieler Stadtbahn und betonte auch die Wichtigkeit der Bahntechnik für den Wirtschaftsstandort Kiel. Der StrandOrt Kiel in Kiel-Friedrichsort werde gerade zu dem Industriestandort der Zukunft entwickelt, der wegen seiner traditionsreichen Geschichte und den geplanten Modernisierungen ideal für die Bahntechnik-Branche sei.

Tim Hildebrandt, 1. Vorsitzender des Beirats Bahntechnik, spricht sich in seinem Grußwort für einen gemeinsamen Aufbruch aus und für mehr Umsetzungsgeschwindigkeit in Projekten und bei Innovationen. Sonst bestünde das Risiko, dass technische Parameter schon veraltet sind, wenn Produkte auf den Markt kämen. Die Arbeit im Beirat Bahntechnik habe nach 3,5 Jahren eine sehr gute Qualität erreicht – die Aufgabe des Beirats sei es vor allem, Innovation und Projekte voranzubringen.

Technische Planungsparameter für die Einführung eines Tram-Systems in der Landeshauptstadt Kiel

Es ist ein Projekt, dass den ÖPNV in der Landeshauptstadt grundlegend verändern und verbessern wird: 4 Stadtbahn-Linien auf insgesamt knapp 36 km Liniennetz mit Zügen von bis zu 54m Länge werden die Kieler*innen in etwa 10 Jahren von A nach B bringen. Nils Jänig, Gutachter für die Trassenstudie und die Vorplanungen bei Rambøll Deutschland und Christoph Karius, Leiter der Stabstelle Mobilität der Stadt Kiel, stellten bei der Konferenz Bahntechnik die technischen Planungsparameter vor – von der Barrierefreiheit über grüne Gleise bis hin zu möglichen Antriebstechnologien. Die Vortragsfolien finden Sie hier zum Download. Auf den letzten Folien finden Sie Informationen zum Industriedialog mit Herstellerfirmen von Stadtbahnen vom 13.-17.3. (ab 3.2.2023 im Amtsblatt der EU veröffentlicht).

Technische Herausforderungen und Lösungen für Regionalstrecken in Schleswig-Holstein

Es sind vor allem drei Dinge, die die Norddeutsche Eisenbahn Niebüll GmbH (NEG) umtreiben, wenn es um kostengünstige Mobilität geht: Der Fachkräftemangel, die Anschaffungs- und Betriebskosten der Infrastruktur und außerdem Fahrzeugsysteme, die möglichst günstig und schnell verfügbar sein sollten. Julian Rönsch (NEG) und Gunnar Bernstein (RDC Deutschland GmbH) sprechen sich in Sachen Fahrzeugsysteme dafür aus, dass das, was technisch sicher möglich ist, mit vertretbarem Aufwand umgesetzt werden sollte – ohne dabei die Zulassungsfähigkeit zu verlieren. Hinsichtlich der Besetzung von Arbeitsplätzen plädieren sie für den Abbau von Sprachbarrieren und damit für die weitere Öffnung der Branche für Fachkräfte aus unseren Nachbarländern. Die Vortragsfolien finden Sie hier zum Download.

Intelligente Bahntechnik mittels Techniken des Maschinellen Lernens

16 Kilometer Teststrecke auf stillgelegten Schienen zwischen Malente und Lütjenburg geben der Forschungsinitiative REAKT unter Federführung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) die Möglichkeit, neue Bahntechnik unter Realbedingungen zu testen.

Bei der 5. Konferenz Bahntechnik stellten Prof. Dr. Olaf Landsiedel (CAU) sowie Til Arkenberg und André Stenger (ZÖLLNER Signal GmbH) ein gemeinsames Projekt vor, das mittels komplexer Sensorik und dem Einsatz Künstlicher Intelligenz einfahrende Züge unter schwersten Wetter- und Lichtverhältnissen erkennen kann. Die Technik soll direkt vor Ort einsetzbar sein – ohne vorherige Meldung der Daten an einen Großrechner. Die Vortragsfolien finden Sie hier zum Download.

Drei Workshops zur Mobilität von morgen

Die Teilnehmer*innen der 5. Konferenz Bahntechnik hatten im Anschluss an die Keynotes die Möglichkeit, sich für einen von drei Workshops zu entscheiden, um Themen tiefergehend zu betrachten und zu diskutieren.

Der Workshop „Mobilität in urbanen Räumen“ (Moderation: Jochen Schulz (NAH.SH)) beschäftigte sich mit den Fragen, wie Bahntechnik die urbane Mobilität verbessern kann, welche Vorteile im Schienenverkehr liegen und welche technischen Herausforderungen es gibt. Die Teilnehmer*innen sahen die Vorteile unter anderem in der Schnelligkeit des Schienenverkehrs, in der Barrierefreiheit und der Nutzbarkeit für alle Bevölkerungsgruppen, in der Entsiegelung von Flächen (grüne Gleise) und dem klimafreundlichen Betrieb über Oberleitungen.

Der zweite Workshop „Mobilität auf Regionalstrecken“ (Moderation: Bert Ritscher, Scheidt & Bachmann System Technik GmbH) begann mit einem Impulsvortrag von Peter Laumen (Scheidt & Bachmann Signalling Systems, Mönchen-Gladbach), in dem beispielhaft über die Einführung eines ETCS-Systems in Luxemburg berichtet wurde. Unter den Teilnehmer*innen wurde daraufhin diskutiert, welche Netze hierzulande am besten für die Übertragung von Daten zwischen Strecke und Zug geeignet sind – und auch, ob in Zukunft die Möglichkeit besteht, Informationen über die mögliche Zugdurchfahrt per App an den Lokführer zu übermitteln, was Signale überflüssig machen würde.

Im dritten Workshop „Innovative Konzepte für die Mobilität im ländlichen Raum“ (Moderation: Prof. Dr. Reinhard von Hanxleden (CAU zu Kiel)) wurde über Herausforderungen und Ansätze für eine innovative Mobilität im ländlichen Raum diskutiert. Die Teilnehmer*innen waren sich einig, dass der ländliche Raum spezifische Anforderungen hat, die nur durch individuelle Lösungen erreicht werden können. Dafür eigenen sich angepasste, kleiner dimensionierte Lösungen und vernetzte Konzepte, die möglichst flexibel und anpassungsfähig sind.

Vielen Dank und „auf ein Neues“

Die 5. Konferenz Bahntechnik war ein voller Erfolg und die Initiatoren bedanken sich bei allen Teilnehmer*innen für die wertvollen Impulse und den lebendigen Diskurs! Auch im Jahr 2024 wird es eine Konferenz Bahntechnik geben – bis dahin wird der Beirat Bahntechnik die Ergebnisse dieser Konferenz in der nächsten Beiratssitzung am 3.3.2023 aufarbeiten und in seinen Fahrplan aufnehmen. Der Beirat soll künftig noch stärker als Sprachrohr zwischen der Branche und der Politik, bzw. den Entscheidungsträgern, fungieren. Wer Interesse an der Mitgliedschaft im Beirat Bahntechnik hat, ist herzlich willkommen. Weitere Informationen und Ansprechpartner*innen finden Sie unter www.bahntechnik.sh.